Kreischen. Menschen, die an mir vorbeirennen.
Ein Mann, der mich übersieht und zu Boden stößt. Panik. Angst in ihren Augen.
Ich komme nicht mehr hoch, die Menschenmasse läuft mich immer wieder nieder.
Keine Chance. Ein einziger Wille. Überleben.
Ein ohrenbetäubender Lärm. Schüsse in der
Ferne. Weiteres Kreischen. Schluchzen, Flehen und Heulen. Todesangst erfüllt
ihre Stimmen und lässt mir die Haare zu Berge stehen.
Plötzlich sehe ich meine Chance, stehe auf und
renne mit ihnen. Wohin? Ganz egal. Hauptsache weg von hier. Weit weg von diesen
Verrückten, die mit Waffen auf uns schießen. Wahllos in die Menschenmenge
hinein. Ist es ihr Ziel, möglichst viele zu töten?
Noch mehr Schreie. Eine Frau, die dort am
Boden kniet, ihr Gesicht in einen jungen, leblosen Körper gräbt. Ein Mann dort
in einer Ecke – zusammengekauert, seine Hände gefaltet.
Ich renne weiter, alles um mich herum scheint
zu verschwimmen, unscharf zu werden, so fern und doch so nah.
Plötzlich steht einer von ihnen vor mir, hält
mir die Waffe an die Schläfe und packt mich am Arm. Er zerrt mich weg, weg von
der Menschenmasse, stößt mich in ein Auto. Ich wollte schreien, mich zur Wehr
setzen, um mich schlagen, doch mein Körper gehorchte mir nicht mehr.
Ein anderer fesselt meine Arme und Beine,
klebt Klebeband auf meinen Mund und ich lasse all dies über mich ergehen. Der
Mann, der mich gefangen hatte, steigt ein und fährt los. Wohin bringt er mich?
Was habe ich ihnen getan?
Eine Träne rinnt über mein Gesicht. Ich möchte
leben! Ein ganz normales Leben führen. Nein, es musste nicht aufregend sein.
„Jetzt wirst du für all deine Taten büßen!“,
brüllt der Mann mit einem finsteren Lachen. Ich zucke zusammen, lege mich auf
der Rückbank nieder und hoffe auf ein Wunder. In meinem Kopf drehten sich die
Zahnräder, um eine Antwort auf die Frage zu finden. Verdammt, was habe ich euch
getan?
Langsam erwacht mein Körper aus seiner Starre.
Ich spüre meine Arme und Beine, möchte mich von den Fesseln befreien, doch es
geht nicht. Panik, die sich ins Unermessliche steigert. Dieser Mann, der mich
immer wieder ansieht und mir ein grauenhaftes Grinsen schenkt. Ich will hier
raus!
Der Wagen kommt zum Stillstand, der Mann
steigt aus und verbindet mir die Augen. Dunkelheit. Dieser feste Griff an
meinem Oberarm, der mich aus dem Auto zerrt. Eine Tür, die hinter uns in das
Schloss fällt. Eine weitere, aber quietschende Tür. Ein Tritt in meinen Rücken.
Ich falle nach vorne und die Tür hinter mir zu. Wo bin ich hier? Was soll ich
hier?
Die Zeit vergeht. Niemand rührt sich. Niemand
meldet sich. Niemand sagt mir, was los ist. Bis ich plötzlich das Knarren der
Tür vernehme. Er reißt den Klebestreifen von meinem Mund und nimmt den
Stofffetzen von meinen Augen. Es ist immer noch so dunkel hier. Die Tür
schließt sich, er schaltet das Licht an und ich bin für einen kurzen Augenblick
geblendet.
„Aufstehen!“, brüllt er mich an.
„Ich kann nicht“, schluchze ich.
Meine Blicke wandern nach oben. Sein Gesicht.
Es kommt mir so bekannt vor.
„Na, erkennst du mich? Heute ist Zahltag! Ich hoffe,
du bereust es, dass du mir damals das Leben zur Hölle gemacht hast!“
Ich sehe es vor meinen Augen. Ein kleiner
Junge, der von seinen Mitschülern ausgeschlossen und fertig gemacht wurde. Ein
kleiner Junge, der weinend nach Hause geht. Dieser kleine Junge ist erwachsen
geworden und hat es nie verkraftet.
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